Zum 04.05.: Norbert Dittmar: ›Register‹ » Statt einer Leitfrage

Norbert Dittmar beschreibt in dem vorliegenden Text den „historischen“ Werdegang der Begrifflichkeit Register.

Da dies der erste Beitrag ist, habe ich die einzelnen Schritte Dittmars aufgelistet. Die eigentliche (Haupt-)Kernaussage wird im letzten Abschnitt aufgeführt:

Dittmar beginnt mit dem Registerbegriff Reids, welcher den Begriff, in Anlehnung an die Arbeiten von Firth, als Erster einführte. Ausführlich werden die Arbeiten Hallidays aufgeführt, dessen Registerbeschreibung als Varietät des Sprachgebrauchs und die festgelegten vier Hauptparameter (Kongruenz zwischen einer situativen Ausprägung, einem Diskursmodus, einer Befindlichkeitsebene, der involvierten sozialen Rollen). Um Kritikpunkte nach Halliday aufzuzeigen, führt Dittmar die Untersuchungen Fergusons und Sanders auf. Demzufolge hatte Ferguson die Vereinfachung zur Verständigungseffizienz bei Sprachnutzern herausgearbeitet und Sanders stellte Register als unterschiedlichen Sprachgebrauch sozialer Schichten dar (niveaux de langue). Zur kritischen Unterstreichung Sanders nutzt Dittmar seine Begrifflichkeit des „sozialen Stils“, womit dem Stil auch erstmals eine Dynamik zugesprochen wurde. Dittmar wendet sich zurück und versucht einen Abgleich der Ausarbeitungen mit denen Gregorys, einem Schüler Hallidays. Dieser erweiterte Hallidays Konzept, verband es mit Syntax, Semantik und Pragmatik und führte die Unterscheidung zwischen Wissens- und Sprachkontexten ein. Biber und Finegan, welche ein Nutzen für empirische Untersuchungen schaffen wollten, erarbeiteten ein Beschreibungsraster zum Vergleich von Registertypen im Rahmen eines Repertoires von Sprachgemeinschaften. Nach detaillierter Auflistung der einzelnen Schritte Bibers kritisiert Dittmar die Parameter als „oberflächliche Kategorisierung“ (s.222). Trotz zahlreicher Unterkategorien und einer detaillierten Liste von Merkmalen bzw. Parametern kritisiert Dittmar die Unvollständigkeit. Er benennt die Kohäsions- und Kohärenzmerkmale als statisch-statistisch, weist auf die Missachtung von Kriterien semantischer und pragmatischer Beschreibungsadäquatheit hin… usw. Im abschließenden Punkt „Perspektiven“ zeigt Dittmar die Differenzierung weiterer Forschungszweige auf.

Die gesamte Betrachtung Dittmars zeigt den stetigen Wandel der Forschung auf. Dittmar beschreibt ausführlich die Neuerungen jeder Forschergeneration, unterstreicht dann jedoch fehlende Aspekte oder benennt Kritikpunkte. Aus der ursprünglichen Einführung einer einzelnen Begrifflichkeit (Register) entsteht ein gewaltiger Diskurs, der abschließend neue Forschungsfelder entstehen lässt.
Als Kernaussage erschließt sich somit nicht der Thesenüberblick über die einzelnen Arbeiten, sondern die Wandelbarkeit des gesamten Diskurses.

Berruto hatte beschrieben, dass eine Sprache in Abhängigkeit von Ort, Zeit, Sprecher/Schreiber, Umstand und sozialen Bedingungen verschieden gesprochen oder geschrieben werden könne und somit eine Menge von Varietäten darstelle (vgl. Berruto 2004, S. 188f).
„Da ‚Varietät‘ sich in jedem Fall auf Verschiedenheit in der sprachlichen Struktur bezieht, sind Varietäten gekennzeichnet durch Besonderheiten auf einer oder mehreren Ebenen der Sprachanalyse (…): der phonologischen (…), der morphosyntaktischen, der lexikalisch-semantischen (erst recht der pragmatischen oder textuellen)“ (ebd., S. 193).
Weiterhin könne man die Varietäten durch extralinguistische Faktoren klassifizieren: Zeit, Raum, soziale Schicht, Medium/Kanal der Kommunikation. So gebe es diachrone Varietäten, geographische Varietäten, soziale Varietäten, situative/funktional-kontextuelle Varietäten und eventuell mediale Varietäten (vgl. ebd.).

Hieran anknüpfend stellt der Beitrag zur nächsten Sitzung eine Erweiterung dar, indem zwischen den Begriffen ‚Dialekt‘ und ‚Register‘ unterschieden wird:
Sowohl Dialekte als auch Register würden sprachliche Varietäten darstellen; der Dialekt beschreibe dabei eine Varietät der Sprachbenutzer (in Abhängigkeit von der sozialen und regionalen Herkunft des Sprechers), während das Register eine Varietät des Sprachgebrauchs beschreibe (in Abhängigkeit von der aktuellen Sprechsituation) (vgl. Dittmar 2004, S. 219).
Allerdings muss man meiner Meinung nach zweierlei berücksichtigen:
Zum einen beschreibt Halliway Register als semantisch und grammatisch definierte Varietäten, differenziert nach situativem Kontext (vgl. ebd., S. 217). Allerdings können auch Dialekte semantische oder grammatische Besonderheiten aufweisen. Zum anderen wird in einem konkreten Sprechakt nicht unbedingt nur ein bestimmter Dialekt oder nur ein bestimmes Register verwendet; man kann diese beiden Realisierungsformen von Sprache daher nicht unbedingt klar voneinander trennen.
Dennoch finde ich die Begriffsunterscheidungen von Halliway grundsätzlich hilfreich, um die verschiedenen Möglichkeiten von Sprachausprägungen und die verschiedenen Einflüsse und Merkmale, die zu diesen Sprachausprägungen führen, verstehen zu können.

In dem vorliegenden Kapitel 23 werden im Hinblick auf die Forschungsgeschichte des Begriffs ‚Register‘ verschiedenen Konzeptionen erklärt.
Es wird zwischen ‚Dialekt‘ und ‚Register‘ unterschieden. Während sich ersteres auf die Varietät der Sprachbenutzer bezieht, behandelt letzteres die Varietät des Sprachgebrauchs. Die „Situativen Kontexte“ werden betrachtet und unterschiedliche Sprechsituationen, die mit dem Register zusammenhängen.
Wenn dasselbe gesagt wird, sich aber Aussprache und Laute unterscheiden, die Bedeutung aber dieselbe bleibt, dann spricht man von einem Dialekt. Die Art und Weise unterschiedliche Dinge zu sagen und zu meinen bringt Halliday mit dem Begriff ‚Register‘ in Verbindung.
Den Versuch einer Begriffsunterscheidung sehe ich grundsätzlich als hilfreich an, doch können hier keine klaren Grenzen gezogen werden und beispielsweise allein mit den Abschnitten zu Halliday und Ferguson ist diese nicht ganz leicht nachzuvollziehen. Praktischer hingegen sind die vorgeschlagenen Parameter Bibers für eine Variationsanalyse und die situativen Parameter nach denen er unterscheidet. Verschiedenen Konversationsarten können durch Zuordnung der unterschiedlichen Parameter aufgeschlüsselt werden. Die Idee, die Konversationen so aufzuschlüsseln und ihnen ein „Profil“ zu geben, finde ich an sich nicht schlecht, die Darstellung im Text aber nicht sehr deutlich. Von welcher Tabelle ist zum Beispiel auf Seite 222 die Rede, die zeigen soll, dass eine Angesicht-zu-Angesicht-Konversation das Profil 1-1-1-1 hat, ein Zeitungsartikel 0-0-3-3. Kann mir da jemand weiterhelfen?
Positiv bewerte ich den Vorschlag pragmatische Grundlagenforschung in die Registerkonzeption zu integrieren. Die Berücksichtigung des Zusammenhangs von Sprachgebrauch und Situationstypen, Sprachgebrauch und sozialen/institutionellen Rollen sowie Sprachgebrauch und unterschiedlichen Gefühlslagen/Befindlichkeiten der Sprecher leuchten mir ein. Ich hätte mir an dieser Stelle ein paar konkretere Beispiele und Erläuterungen von Vorgehensweisen gewünscht. Da der Text sehr theoretisch ist, könnte man sich hier vielleicht noch über praktischere Beispiele unterhalten.

Dittmar rekurriert zu einem großen Teil die Arbeit von Halliday et al., wobei er "Register" zunächst von "Dialekt" abgrenzt und ersteres dabei der Dimension des Sprachgebrauchs zuordnet (S. 216, rechte Spalte). Die Aussage Hallidays, ein Register würde bestimmt durch die Ressourcen, die in einem spezifischen Kulturkreis typischerweise mit einer Situation assoziiert werden, übernimmt Dittmar und entwickelt darüber hinaus auf Grundlage der Sprechsituationen, die ebenfalls von Halliday definiert wurden, ein Kontinuum der Ausprägungen des Registers: 1. Das Sprachgebrauchsfeld (meint den Gesprächsgegenstand), 2. den Tenor (Diskursstil) und 3. den Diskursmodus (Medium, Gattung). Halliday formulierte dies zuvor als: "First, what is actually taking place; secondly, who is taking part; and thirdly, what part the language is playing" (S. 217, lilnke Spalte). Diese drei Bestandteile des Kontinuums definierten laut Dittmar nun die "networks of semantic options", also das Repertoire eines jeweiligen Registers. Diese Überlegung bildet das Fundament weiterer Auseinandersetzungen im Text, wird öfters aufgregriffen und bildet damit eine Kernaussage, auf die ein Großteil der Aussagen aufbaut.
Ich finde die Überlegung grundsätzlich passend, jedoch habe ich mich gefragt, ob das Kontinuum dadurch sozusagen bereits ausgeschöpft würde und den Gegenstand in Gänze erfasst. Was mir sofort ins Auge sprang, ist die Abwesenheit des Faktors "Ort". Spielt der Ort, an dem ein Register gebraucht wird, nicht auch eine Rolle, ohne, dass es zur Dimension des Dialekts gezählt würde. Den Ort als bedeutend brachte bereits Berruto ins Spiel, in dem er Varietäten als abhängig von Ort, Zeit, Sprecher/Schreiber, Umstand und soziale Bedingungen darstelle. Unabhängig davon, dass regionale Bedingungen Einfluss auf sprachlich-kommunikative Muster haben, kann meiner Meinung nach ein Ort auch ein Register mitbestimmen (oder dürfte es dann nicht mehr Register heißen?).
Was ist denn, wenn beispielsweise in der Kirche kommuniziert wird oder auf einem Friedhof? Diese örtlichen Faktoren haben doch Einfluss auf sprachliche Ressourcen, die mit diesen speziellen Situationen assoziiert werden. In anderen Kulturkreisen gibt es vielleicht sprachliche Muster, die z. B. an bestimmten heiligen Stätten oder sonstigen vergleichbaren Orten realisiert werden.
Ich würde diese Gedanken eventuell in Dittmars Ansatz, bzw. bei Halliday ergänzen und zum Kontinuum zufügen.

Seht ihr das ähnlich? Möglicherweise taucht es ja in Dittmars Aufsatz auf, nur habe ich es übersehen.

Abschließend möchte ich sagen, dass ich den Text an sich übrigens sehr zäh finde und es durchaus als herausfordernd empfand, sich durch die Bleiwüste zu lesen. Die Abbildung auf Seite 220 finde ich leider auch nicht sehr intuitiv, die ist aber auch von Halliday übernommen worden.

In diesem Text von Dittmar wird der Begriff „Register“ näher dargestellt und erläutert. Während sich Berruto im vorausgegangenen Text mit dem Begriff „Varietät“ beschäftigte, also mit unterschiedlichem Sprachgebrauch in Abhängigkeit von unterschiedlichen geografischen Orten, d.h. der Varietät der Sprachbenutzer, beschäftigt sich Dittmar mit dem Begriff „Register“, welcher meint, dass sprachliche Zeichen in direkter Abhängigkeit von der Situation und dem Kontext analysiert werden, in dem sie geäußert werden, d.h. der Varietät des Sprachgebrauchs.
Register stellen somit auch Varietäten dar, jedoch nicht in Abhängigkeit vom (geografischen) Ort, an dem sie benutzt werden, sondern in Abhängigkeit von der Situation und dem Kontext, in dem die Sprecher auf eben jenen Sprachgebrauch zurückgreifen. Je nachdem, was der Mensch tut, ist auch seine Sprache diesem Tun angepasst. So unterscheidet sich die Wortwahl der Sprecher beispielsweise je nach Vertrautheit der Gesprächspartner; bestimmte Rollen, die die Sprecher einnehmen, sind bei dem Begriff Register von großer Bedeutung.
Dittmars Darstellungen, die er in Anlehnung an Halliway tätigt, leuchten durchaus ein und stellen eine Hilfe in Bezug auf die vielen verschiedenen Unterscheidungen von Sprache dar, jedoch müsste meiner Meinung nach hinzugefügt werden, dass auch solche Register nicht immer anwendbar sind und sie keine strenge Regelung darstellen; auch ein Lehrer kann in Gegenwart seiner Schüler durchaus in anderen Sprachregistern sprechen, als in jenen, die ihm laut seines Status des Lehrers eigentlich zugedacht werden. Die Darstellungen Dittmars fassen dies meiner Meinung nach nicht ins Auge; es klingt, als habe beispielsweise ein Arzt in seiner Rolle als Arzt nur in seinem berufsspezifischen Register zu sprechen.
Somit stellt der Begriff "Register" für mich einen weiteren, durchaus hilfreichen aber nicht universal geltenden Ansatz dar, die Komplexität von Sprache in bestimmte Unterbereiche und Kapitel zu gliedern, was jedoch nicht immer so stereotyp gelingen kann, wie sich der Mensch dies in seinem Kategoriendenken oftmals wünscht.

Maximilians Frage kann ich leider nicht beantworten; erst beim Lesen deines Beitrages habe ich über diese Problematik nachgedacht und teile deine Ansicht. Ich wäre auch dankbar, wenn mir hierzu jemand weiterhelfen könnte.

In Norbert Dittmars Text zum Thema "Register" ist meiner Meinung nach seine Unterscheidung zwischen Dialekt und Register entscheidend. Er führt hierzu zahlreiche Theorien und Forschungen anderer Wissenschaftler an, die sich alle in gewissen Punkten unterscheiden, im Kern jedoch ähneln.
Entscheidend ist für Dittmar, dass "dem Begriff Dialekt die Dimension Sprachbenutzer und dem des Registers die Dimension Sprachgebrauch zugrunde" (S. 216) liegen. Soweit würde ich dem Autor in jedem Fall zustimmen. Im weiteren Verlaufe des Texts wird allerdings deutlich, dass Dittmar die Begriffe "Dialekt" und "Register" deutlich voneinander abgrenzen möchte. Das halte ich für sehr schwierig. So würde ich die Register eher als eine Unterkategorie von Dialekten betrachten. Zumindest ist eine scharfe Abgrenzung hier nicht wirklich möglich. Ist die eigene Sprache durch einen Dialekt geprägt, so kann man diesen immer noch situativ anpassen. Natürlich ist es häufig angebracht in gewissen Situationen eher eine der Standardvarietäten als einen Dialekt zu verwenden, das ist dann jedoch mMn ein Wechsel zwischen Varietäten und nicht unbedingt zwischen Registern.
Spricht man beispielsweise mit Familienmitgliedern anders als in alltäglichen Situationen, so liegt hier zwar ein Wechsel zwischen Registern vor, der ggf. vorhandene Dialekt kommt hier jedoch auch zum Tragen und wird nicht vollkommen vernachlässigt.
So kann ich Dittmars Einteilung der Sprache in Dialekte und Register zwar nachvollziehen, ihr jedoch nicht in jedem Punkt zustimmen.

Außerdem stimme ich Max zu, dass der Text eher schwer zu lesen und nicht auf den ersten Blick verständlich ist, da der Autor sehr schnell zwischen verschiedenen Theorien hin- und herspringt und mir ein wenig der rote Faden fehlt.

Meiner Meinung nach, war der Text nicht ganz einfach zu verstehen. Das Ziel war die Erklärung des Begriffs "Register". Dabei wurden verschiedene Autoren vorgestellt, wie sie mit dem Begriff umgegangen sind. Durch die Gegenüberstellung von "Register" und "Dialekt" war die Definition von "Register" eindeutig. Aber im Laufe des Textes wurde der Begriff durch die verschiedenen Autoren und deren Forschungen und Untersuchungen verwaschen. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass diese Autoren zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten ihre Forschungen durchgeführt haben.
Ein Beispiel wäre die Untersuchung des Begriffs in frankophonen und in deutschsprachigen Raum. In der frankophonen Forschung hat sich der Begriff als soziolinguistischer Begriff etabliert. Während in der deutschsprachigen Forschung dieser sich als sozialer Stil etabliert hat.
Besonders schwierig zu verstehen war die Erklärung Methodik von Biber. Diese Methodik hatte das Ziel Registertypen zu untersuchen. Dabei war die Erklärung dieser Methodik lang und kompliziert.

Aus diesem Text kann ich mitnehmen, dass der Begriff "Register" zu einer Sprachvarietät einordnet wird, sowie auch beim Begriff "Dialekt" der Fall ist. "Register" ist eine Varietät des Sprachgebrauchs in bestimmten situativen Kontexten nach Halliday und Firth.

Ich würde den meisten Vorrednern bzw. 'Vorpostern' zustimmen, dass das Entscheidendste in diesem Artikel von Dittmar die Differenzierung der Termini 'Register' und 'Dialekt' ist. Von der Grundidee finde ich es auch durchaus nachvollziehbar, dass diese zwei Begriffe bewusst gewählt werden, um zwei wichtige Perspektiven einzunehmen: Einmal den Sprachbenutzer in den Fokus der Betrachtung zu stellen (Dialekt), andererseits eben stärker den Sprachgebrauch bzw. die Gebrauchssituation (Register) zu forcieren (vgl. Dittmar 2004, S. 216).

Problematisch finde ich jedoch, dass der Text über weite Strecke eine radikale Abgrenzung bzw. distinkte Differenz der Begriffe Register und Dialekt suggeriert. Diese Trennschärfe in Bezug auf die Analyse von Sprechakten sehe ich so nicht, da meiner Meinung nach Sprachbenutzer und Sprachgebrauch bzw. Gebrauchssituation stets wechselseitig einander beeinflussen. Legt man diesen Termini bspw. Bourdieus 'Habituskonzept' zugrunde , lässt sich diese Trennung so nicht aufrecht erhalten. Auch Dittmar bringt ja den Habitusbegriff bereits ins Spiel:

"Dialekt wird mehr mit Habitus assoziiert, während Register die Vielfalt sozialer Prozesse (z.B. die soziale Arbeitsteilung) situationsbezogen ausdrückt." (Dittmar 2004, S. 219)

Allerdings finde ich die Überlegung, das Habituskonzept so klar dem Dialekt-Begriff zuzuordnen, nicht nachvollziehbar. Wie bereits erwähnt, sehe ich hier eher ein wechselseitiges Verhältnis von Sprachbenutzer und Gebrauchssituation. Einerseits kann die Gebrauchssituation enormen Einfluss auf den Sprachbenutzer haben, andererseits hängt auch der Sprachgebrauch in ein und der selben Situation je individuell von dem jeweiligen Sprachbenutzer ab. Während Person A in einer Situation ihrem habituellen Selbstverständnis entsprechend ganz bestimmte Ausdrucksweisen und eine ganz bestimmte Art zu sprechen wählt, drückt sich Person B möglicherweise ihrem habituellen Selbstverständnis entsprechend in dieser Situation ganz anders aus.

Natürlich hat es rein praktisch betrachtet einen analytischen Mehrwert, die Betrachtungsgegenstände 'Sprachbenutzer' und 'Sprachgebrauch' voneinander zu trennen, ob die konkreten sprachlichen Erscheinungsformen in einem Sprechakt jedoch stets so eindeutig auf den einen bzw. anderen Faktor zurückgeführt werden können, halte ich für sehr fragwürdig.

Zitat

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Von welcher Tabelle ist zum Beispiel auf Seite 222 die Rede, die zeigen soll, dass eine Angesicht-zu-Angesicht-Konversation das Profil 1-1-1-1 hat, ein Zeitungsartikel 0-0-3-3. Kann mir da jemand weiterhelfen?

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Über diese Stelle bin ich beim Lesen des Textes auch 'gestolpert'. Ich vermute, dass diese Tabelle, aus der eine klare Aufschlüsselung dieses 'Codes' möglich wäre, sich auch in dem Text von Biber (1988) befindet. Diese Zahlenwerte als solches ergeben sich, vermute ich zumindest, bei der Analyse eines Texts hinsichtlich der vier Faktoren, die auf Seite 222 aufgelistet werden: Modus (1), Interaktivität (2), Umstände der sprachlichen Produktion (3) und zweckspezifische Informativität (4). Als Erklärung dieser vier Parameter wird in dem Text ja die Abbildung auf Seite 220 angeboten, jedoch kann ich damit recht wenig anfangen. Hier würde ich Max zustimmen, dass diese Abbildung sehr unübersichtlich ist und im Grunde intuitiv, also ohne gesonderte Kommentierung, beinahe gar nicht zu verstehen ist.

Bei den dichotomen Merkmalen (1+2) kommt man ja auch ohne die Tabelle noch ganz gut klar: Was bspw. den Modus angeht, so erhält ein gesprochener Text offensichtlich den Zahlenwert 1, während ein geschriebener Text den Zahlenwert 0 erhält. Handelt sich um einen interaktiven Text, so wird auch hier der Zahlenwert 1 vergeben, ist dies nicht der Fall, lautet der Zahlenwert entsprechend 0.

Interessant wäre allerdings in der Tat, wie genau die Codierung hinsichtlich der graduellen Merkmale verläuft. Was genau ist bspw. der Marker dafür, dass die zweckspezifische Informativität hoch, mittel oder gering ist? Hier lässt der Text den Leser meiner Meinung nach mit einer ungefüllten Leerstelle zurück.

Unabhängig von diesem konkreten Beispiel hatte ich generell beim Lesen häufig den Eindruck, dass der Text an einigen Stellen Fragen und Probleme aufwirft, ohne dem Leser dann eine befriedigende Antwort bzw. Stoßrichtung zur Problemlösung vorzugeben. Sicherlich ist dies ein Stück weit auch der Tatsache geschuldet, dass es nicht der Anspruch dieser Textsorte ist, finale Antworten und fertige Theorien zu präsentieren, sondern dem Leser eine grundsätzliche Orientierung zu geben, auf deren Basis er sich dann weitergehend informieren kann. Dennoch hätte ich mir an einigen Stellen etwas mehr Klarheit gewünscht.

Der wirklich nicht ganz einfache und sehr verwirrende Text bemüht sich, eine Unterscheidung zwischen den Begriffen "Dialekt" und "Register" zu verdeutlichen. Hierbei ist ausschlaggebend, dass bei Dialekten die habituellen Sprachmerkmale des Sprechers und bei Register die situativen und kontextuellen Merkmale des Sprachgebrauchs im Fokus stehen. Genau wie Dialekte werden auch Register als Varietät betrachtet, man spricht hier also von dialektalen Varietäten und diatypischen Varietäten.

Im Grunde ist mir der Unterschied zwischen Dialekt und Register schon vorher klar gewesen, beim Lesen des Texts ist mir aber dann doch aufgefallen, dass beide sich dennoch sehr ähnlich sind, was für Verwirrung sorgen kann. Vor allem in Hinblick darauf, dass sowohl Dialekt als auch Register die "Art und Weise" wie jemand spricht beschreiben; beim Dialekt ist das natürlich die ortsbedingte und auch ein Stück weit identitätsbedingte Art und Weise zu sprechen, während Register wiederum die Art und Weise des Diskurs beschreibt, also in welcher Situation ich "wie" rede, welche Formulierungen ich benutze, welche Rolle ich und andere im Diskursfeld einnehmen, was der Redegegenstand ist etc.

Allerdings habe ich nicht so wirklich verstanden, weshalb beide Formen der Varietät so differenziert werden, denn sowohl Dialekt als auch Register können doch - auch wenn sie eigenständige Merkmale beschreiben - zusammen auftreten. Ich kann doch ein bestimmtes Register in meinem eigenen Dialekt verwenden, zumal man den eigenen Dialekt selbst bei politischen Reden oder als Lehrer/Dozent nicht immer gänzlich ablegen kann. Deshalb finde ich, dass eine solche Differenzierung recht schwierig ist. Demnach stimme Kristin zu mit der Aussage bezüglich Halidays Beschreibung, dass "auch Dialekte semantische oder grammatische Besonderheiten aufweisen" können und deshalb nicht so klar voneinander getrennt werden können.

Was mich bei den "Kontrollvariablen des Dialekts" etwas verwirrt hat, war die Variabel "Geschlecht". Soziale Schicht, lokale Herkunft und Alter machen ja alle Sinn in Hinblick auf Dialekte, aber was hat das Geschlecht mit einem Dialekt zu tun? Das eine Geschlecht spricht doch nicht mehr oder weniger mit Dialekt als das andere.

Im Text ‚Register’ von Norbert Dittmar werden die Begriffe Register und Dialekt ausführlich erläutert. In Anknüpfung an den Text Berrutos zur Sprachvarietät, wird der Dialekt als „Varietät der Sprachbenutzer“ und der Register als „Varietät des Sprachgebrauchs“ bezeichnet (vgl. S. 216).

Ferguson widmet sich der Beschreibung vereinfachter Sprachgebrauchssysteme und erörtert, dass sich im Falle des Babyregisters die Eltern sprachlich an die Kleinkinder anpassen, ebenso verhält es sich mit Muttersprachlern, die sich sprachlich an den Nichtmuttersprachlern orientieren (vgl. S. 217) Dieses Phänomen ist gerade in der heutigen Zeit sehr häufig zu beobachten, da viele Flüchtlinge mit wenigen Deutschkenntnissen in Deutschland wohnen. Auch wenn diese zum Teil Sprachfetzen der Muttersprachler auffangen, ist ihnen die Sprache noch nicht geläufig. Dementsprechend passen sich Mitmenschen, Lehrer etc. an und vereinfachen ihre Sprache, sei es durch kurze Sätze, Schlagworte oder ähnliches. Hier ist die Verständigung der ausschlaggebende Faktor, den auch schon Berruto in seinem Text in Bezug auf Sprache und Varietät erwähnte.

Ich stimme meinen Vorrednern zu, dass der Begriff ‚Register’ hier nicht so trennscharf dargestellt werden sollte. Besonders passend finde ich hier Maras Beitrag. Der Begriff ‚Register’ sollte keinesfalls zu eng gesteckt werden, da durch äußere und innere Einflüsse diese immer wieder erweitert werden können. Bestimmte Personen wie beispielsweise Lehrer/innen müssen nicht immer ihrem Idealbild entsprechen. Sie sind eben nicht nur Lehrer/in, sondern auch Familienmensch, Mutter und sollten auch spontan auf unvorhergesehene Geschehnisse reagieren können.
Ebenso wird der Begriff ‚Dialekt’ in Bezug auf den Habitus nach Pierre Bourdieu aufgezeigt (vgl. S. 219). Ein Habitus zeichnet sich durch das wechselseitige Verhältnis zwischen Sprachbenutzer und Gebrauchssituation aus, wie Nikolas schon erwähnte. Der Habitus setzt sich nicht nur aus der Rolle des Berufs zusammen, sondern umfasst alle möglichen Lebenserfahrungen. Dementsprechend sollten die Begriffe ‚Register’ und ‚Dialekt’ weiter gefasst werden, um effizienter zu sein.

Abschließend lässt sich sagen, dass der Text durchaus interessanter und transparenter gestaltet sein könnte. Die vielen verschiedenen Ansichten der Linguisten werden nur aufgezählt und die Abbildungen tragen nicht zum besseren Verständnis bei.
Ebenso frage ich mich wie Sascha, welchen Bezug das Geschlecht zu einem ‚Dialekt’ hat?

Um auf die Frage von Lara und die Erklärung von Nikolas noch einmal genauer einzugehen:

Ich glaube, dass Nikolas bezüglich der dichotomen Merkmale Recht hat, dass eine 0 im Bezug auf den Modus "Sprechen" und eine 1 "Schreiben" bedeutet (Modus und Interaktivität sind dichotom, es können ihnen also nur zwei Werte zugeordnet werden: ja oder nein, in diesem Fall 1 oder 0).
Die graduellen Zahlenwerte kommen meinem Verständnis nach folgendermaßen zustande (korrigiert mich, wenn ich falsch liege):

Den Umständen der sprachlichen Produktion (3) kann einer von drei verschiedenen Parametern zugeordnet werden:
-wiedergegeben/revidiert
-geplant
-spontan

Die zweckspezifische Informativität (4) ist entweder:
-hoch
-mittel
-niedrig

Ein Zeitungsartikel ist also geschrieben, formell und dann noch wiedergegeben/geplant (hier wurde der Wert 3 genommen weil es "das höchste" ist) und ebenfalls eine 3 für eine hohe zweckspezifische Informativität. Wenn es so wäre, fände ich es zumindest logisch.

Was mir genau an diesem Punkt aber fehlt, sind konkrete Vorschläge einer Anwendung dieser wirklich interessanten Einteilungsmethode in der Forschungspraxis. Es würde mich interessieren, ob diese Skala angewandt wurde und angewandt werden kann, oder ob es sich hierbei nur um die Entwicklung eines theoretischen Merkmals handelt.

Im Nachgang zur letzter Sitzung habe ich noch eine Anmerkung zu Dittmars Text:

Wie wir bereits vergangene Woche anhand von Berruto herausgestellt hatten, sind derlei linguistische Definitionen, Kategoriebildungen und Modelle stets lediglich als vorläufig bzw. vorübergehend zu bezeichnen, müssen entsprechend stets als korrekturbedürftig und zukunftsoffen verstanden werden. Ändern sich im Verlauf der Zeit bestimmte gesellschaftliche oder technische Parameter, bedarf auch die entsprechende Definition bzw. das entsprechende Modell einer 'Auffrischung'.

Ähnliches zeigt sich meiner Meinung nach auch bei Dittmar erneut sehr gut. Einige Ansätze, die er vorstellt, sind aus unserer heutigen Sicht teilweise - zumindest partiell - überholt, da sie insbesondere technische Innovationen noch nicht berücksichtigen. Speziell bei der Studie von Biber (1988), die hier im Forum ja bereits mehrfach angesprochen wurde, ist mir dies aufgefallen: Während Biber hinsichtlich der Interaktivität von einer klaren Dichotomie der Kategorien 'interaktiv' vs. 'nicht interaktiv' ausgeht, erscheint es mir fraglich, ob heutzutage diese Dichotomie den veränderten Kommunikationsbedingungen im digitalen Zeitalter noch gerecht wird. Ist Interaktivität nicht unter diesen Umständen auch eher graduell zu beurteilen? Kann man nicht bspw. mit Recht behaupten, dass eine face-to-face-Kommunikation durchaus interaktiver ist, als eine chat-basierte Kommunikation bei WhatsApp?

Selbst hinsichtlich des Modus erachte ich es für fragwürdig, inwiefern die strikte Dichotomie in 'Sprechen' vs. 'Schreiben' noch aufrecht erhalten werden kann. Letzte Sitzung haben wir ja bereits angesprochen, dass im WhatsApp-Zeitalter diese Modi aufgrund technischen Fortschritts teilweise vermischen, da WhatsApp sowohl den Austausch geschriebener als auch gesprochener Nachrichten ermöglicht. Insofern müssten derlei Mischformen in Bibers Modell noch intergriert werden. Auch hier böte sich ggf. eine Dreiteilung an: a) Sprechen, b) Schreiben und c) Mischform aus Sprechen und Schreiben.

Zunächst einmal möchte ich meinen Vorrednern zustimmen, dass der Text sehr zäh zu lesen war. Darüber hinaus trifft Carolin einen Aspekt, welcher auch mir direkt aufgefallen ist: mir leuchtet nicht so ganz ein, warum der Verfasser eine so scharfe Trennung zwischen Dialekt und Register anstrebt, da in meinen Augen beide Phänomene parallel existieren können. So verwenden Fußballtrainer auf Pressekonferenzen sicherlich ein Register, welches der Situation entspricht; dennoch sprechen viele unabhängig von diesem register weiterhin in ihrem Dialekt. Der Dialekt ist also hier völlig unabhängig von dem jeweiligen egister und tritt gleichzeitig auf. Denkt man einen Schritt weiter und betrachtet beispielsweise den Kölner Karneval, so hängen Register und Dialekt sehr eng miteinander zusammen. Ohne den "kölschen Dialekt" wäre eine traditionelle Karnevalssitzung eher untypisch. Daher ist für mich diese scharfe Trennung der beiden Aspekte nicht ohne weiteres möglich.

Darüber hinaus möchte ich Max zustimmen, der in meinen Augen mit dem Aspekt des "Ortes" einen sehr wichtigen Punkt erwähnt hat. Der Ort hat einen sehr großen Einfluss auf die Gesprächssituation und die Sprechweise.